Marokko 2024
Tag 0
Eigentlich wäre ich erst am Dienstag geflogen. Insgesamt sechs Stunden wäre ich unterwegs gewesen, mit einem kurzen Zwischenstopp in Frankfurt. Am Sonntag bekam ich dann jedoch die Nachricht, dass ausgerechnet am Dienstag bei der Lufthansa gestreikt wird. Also buchte ich meinen Flug bestmöglich um, was für mich hieß, am Montagabend, direkt nach der Arbeit, von Hamburg nach Genf zu fliegen und dann vor Ort am Flughafen die Nacht zu verweilen, denn mein Anschlussflug nach Marrakesch ging erst am nächsten Tag um 10:55 Uhr.
Ein Hotel zu buchen, spielte für mich keine Rolle, da in der Schweiz die Preise noch einmal ein vielfaches höher waren und ich schon zweimal die Nacht am Flughafen überstanden hatte. Also kam ich in Genf an und suchte mir einen Platz im Flughafen, an dem ich die nächsten Stunden verbringen könnte. Nach einem Salat für 20 Euro und einem Wasser für 5 Euro, las ich mein Buch, telefonierte und schaute Videos.
Um 01:30 in der Nacht überkam mich dann doch die Müdigkeit und ich suchte mir ein Platz zum Schlafen. Dieser war direkt am Eingang zu einem Kiosk im Flughafen, aber wenigstens halbwegs vor Blicken anderer geschützt. Der Boden war steinhart und mein Rucksack als Kopfkissen war alles andere als nobel aber ich schaffte es tatsächlich 1 1/2 Stunden durchzuschlafen. Als ich wieder aufwachte, stempelte sich direkt über meinem Kopf ein Mitarbeiter zu seiner ersten Schicht ein.
Tag 1
Die restliche Zeit am Flughafen verging dann auch schnell und schon flog ich nach Marokko. Angekommen, wartete zuerst eine sehr lange Schlange an Menschen vor der Passkontrolle, an der man seinen Stempel in den Reisepass bekommt. Ohne Probleme ging es dort durch und ich holte mir direkt am Flughafen Internet.
Vor dem Flughafen erwartete mich eine Welle an Hitze und ich fühlte mich wie im deutschen Hochsommer – ich war glücklich. Als dann auch noch ein Mann den Bus, mit dem ich in die Stadt fahren wollte, für mich anhielt, war mein erster Eindruck Marokkos durchweg positiv geprägt. Das erste afrikanische Land, in dem ich gewesen war, war Ägypten gewesen. Basierend auf meinen Erfahrungen dort, waren meine Erwartungen an Marokko verknüpft.
Mit dem Bus ging es etwa 20 Minuten in die Stadt, 30 Dirham musste ich zahlen, umgerechnet etwa 2,80 Euro. Der Bus hielt direkt am Jemaa el-Fna, dem wahrscheinlich berühmtesten Platz Nordafrikas. Auch wenn es mittags war und der Platz abends erst richtig erwacht, erwartete mich ein Wirrwarr aus lauten Rufen, Musik und Ständen mit Obstsaft, wovon ich mir direkt auch einen holte.
Ich hatte nur die Adresse von meinem Airbnb, die lag inmitten der Medina, der Altstadt Marrakeschs. Um dorthin zu kommen, musste ich durch die Souks, mehrere kleine Wege, die mit Marktständen und kleinen Geschäften vollgepackt waren. Wie sehr ich darauf Lust hatte, kann man sich ja vorstellen, wenn man bedenkt, dass ich genau 2 Stunden Schlaf hatte. Tatsächlich hielt sich das anquatsche, im Vergleich zu Luxor in Ägypten noch im Rahmen.
Als ich dann kurz vor meinem Airbnb war (sagte mir zumindest Google Maps), wusste ich nicht genau, wo ich lang musste, da der Weg sich in mehrere Richtungen gabelte. Aus Ägypten war ich es gewohnt, dass einem der Weg gezeigt wurde und man im Gegenzug dafür ein kleines Trinkgeld geben sollte. Das passierte hier auch wieder ungefragt, da ich zu fertig war, um darauf zu bestehen, allein zu gehen, folgte ich dem Jungen, der etwa in meinem Alter war. Er beschrieb mir nur etwas ganz anderes als ich wollte und wusste nicht, dass ich einfach nur zu meinem Airbnb wollte und nicht raus aus der Medina. Als ich dann doch darauf bestand, alleingelassen zu werden, wurde er ungemütlich und wollte Geld von mir. Ich lachte und sagte nein, weil er mir ja nicht mal weitergeholfen hatte. Daraufhin griff er in seine Pullovertasche und sagte zu mir: „You want problems?“ Mein Schlafentzug war in dieser Situation nicht unbedingt hilfreich, sonst hätte ich ihm vielleicht nicht wirklich geglaubt. Als ich ihn daraufhin konfrontierte, was das denn sollte, wurde er nur noch eindringlicher und wollte 500 Dirham von mir (46 Euro). Ich gab ihm dann 200 Dirham aus meinem Geldbeutel, weil ich echt keinen Bock hatte am ersten Tag abgestochen zu werden, doch er wollte immer noch mehr. Den 200 Dirham Geldschein noch in meiner Hand ging ich zurück, woraufhin er danach Griff und der Schein sich in zwei Hälften teilte. Das war ihm dann anscheinend auch genug, denn er ging nach Fragen auch mit meiner Hälfte des Geldes weg. Ich wollte das nicht auf mir sitzen lassen und fragte zuerst drei Bauarbeiter nach Hilfe, die mich aber nicht wirklich verstanden und nur sagten, dass der Typ ein guter Mann sei und dann noch einen älteren Mann auf der Straße, der dem Jungen hinterherrief. Mit angsterfülltem Blick kam dieser dann auch an und der Mann konfrontierte ihn, er sollte außerdem seine Taschen leeren, um zu sehen, ob er wirklich ein Messer hätte: hatte er natürlich nicht. Der Junge gab mir den zerrissenen Geldschein wieder und der Mann sagte mir ich sollte ihm wenigstens 50 Dirham geben, da der Junge doch so arm sei. Ich sagte zuerst nein, aber als ich realisierte, dass der Geldschein gerissen war, wechselte ich mit dem Mann das Geld und er behielt 50 Dirham. Ein Erlebnis, auf das ich echt hätte verzichten können!
Im Riad angekommen, voll mit Adrenalin, wurde ich mit Minute und Plätzchen empfangen und auf mein Zimmer gebracht: nichts atemberaubendes aber ganz nett. Nach einer kurzen Pause vom Stress, ging ich zurück auf die Straße, um die Gegend ein wenig zu erkunden. So viele Reize auf einmal hatte ich bis dahin nur wenig erfahren. Ein kulturelles Spektakel, das definitiv beeindruckend ist aber auch schnell zu viel werden kann. Auf der Suche nach etwas zu essen, merkte ich, wie schon in Ägypten, dass es sehr schwierig ist, außerhalb von Restaurants etwas Gesundes zu essen. In den Supermärkten gibt es nur Trinken und Süßigkeiten. Obst und Gemüse gibt es meistens nur bei kleinen Marktständen. Also ging ich in ein kleines Restaurant mit Dachterasse, direkt am Jemaa el-Fna gelegen. Ich hatte von dort einen prima Überblick über den Platz und konnte dem wilden Treiben von oben zu sehen. Etwas bedrückend war für mich zu sehen, dass Affen und Schlangen vor Ort für Unterhaltungszwecke gehalten worden und alles andere als gut behandelt wurden. Viel mehr stört mich aber, dass es immer noch Touristen gibt, die es für eine gute Idee halten, diese Art des Business zu unterstützen. Als ich dann auf dem Weg zurück ins Airbnb war, schlossen die Läden in den Souks schon und die Wege vor meiner Unterkunft waren leer. Durch die vorherige Situation fühlte ich mich alles andere als sicher aber auch das überstand ich und kam an. In meinem Zimmer konnte ich dann endlich schlafen. Ein wahrlich nervenaufreibender Tag und mit viel zu viel Erlebnissen, um sie verarbeiten zu können.
Tag 2
Nach einer geruhsamen Nacht in einem leider sehr harten Bett ging ich nach einem ausgiebigen Frühstück in meinem Riad (marokkanische Unterkunft) los zum Bahia-Palast. Der Palast war ganz schön, aber auch leider sehr überfüllt mit Touristen. Weiter ging es zum Nahe gelegenen el-Badi-Palast, ein sehr alter Palast, der weniger verziert war, aber durch seine Größe beeindruckte. Das Highlight dort waren aber dann doch mehrere Störche, die auf den verfallenen Türmen des Palasts lebten.
Für 15:00 Uhr hatte ich ein Ticket für den Jardin Majorelle, welcher einer der schönsten Gärten der Welt sein sollte. Bis dahin hatte ich aber noch Zeit und da ich noch nach einem Rucksack suchte, feilschte ich mit einem Verkäufer, bis wir beide halbwegs zufrieden waren. Direkt neben an holte ich mir noch ein marokkanisches Trikot von Hakimi und winkte ein Taxi heran, da der Weg relativ lang war. Ich fragte nach dem Preis, aber der Fahrer hatte tatsächlich das Taxameter eingestellt. So musste ich am Ende nur etwas mehr als 10 Dirham (0,90 Euro) für eine zwanzigminütige Fahrt zahlen.
Der Jardin Majorelle war definitiv sehr schön, nicht umsonst holte sich Yves Saint Laurent hier seine Inspirationen für seine Kollektionen. Aber auch hier waren sehr viele Touristen unterwegs, die mehr für das Selbstinszenieren da waren als für das Anschauen des Gartens.
Nach Hause ging es dann wieder mit einem Taxi, diesmal wurde aber vorher gefeilscht: 20 Dirham (1,80 Euro) kostete mich die Fahrt und da man in der Medina größtenteils kein Auto fahren kann, stieg ich bei den Souks aus. Dort holte ich noch ein paar Mitbringsel und ruhte mich daraufhin kurz zuhause aus. Anschließend ging ich wieder zurück zum Jemaa el-Fna, um Abend zu essen. Am Ende des Tages hatte ich starke Augenschmerzen, ob von den Abgasen in der Luft oder der Reizüberflutung ist schwer zu sagen, doch immerhin fühlte ich mich wieder relativ sicher auf den Gassen der Medina.
Tag 3
Nach dem Frühstück ging ich frühmorgens zur Medersa Ben Youssef, einer ehemaligen Koranschule, die nochmal deutlich schöner war als die beiden Paläste, in denen ich war. Weiter ging es mit dem Jardin Secret, einem wunderschönen Garten, versteckt in der Medina. Für mich war der Garten noch schöner als der Jardin Majorelle, da dort am morgen auch deutlich weniger los war und es mehrere Plätze gab, in denen man sich hinsetzen und entspannen konnte. Der anschließende Besuch im House of Photography bot ein paar interessante Einblicke, das Highlight war jedoch die Dachterrasse mit wunderschönem Blick über Marrakesch.
Nach einer kurzen Pause ging es wieder zum Jemaa el-Fna, da von dort meine gebuchte Tour in die Agafay-Wüste starten sollte. Der Kleinbus sammelte mich ein und ich war mit zwei Niederländern und zwei Franzosen zusammen auf der Tour. Der Fahrstil der Marokkaner ließ mich daran zweifeln, ob ich am nächsten Morgen wirklich mit dem Mietwagen durch Marokko fahren wollen würde aber bis hierhin hatte ich nur einen Unfall in der Stadt gesehen.
Es ging also immer weiter Richtung Berge, die anfangs noch hinter einer weißen Decke an Staub versteckt waren. Nach etwa 40 Minuten gab es einen kurzen Stopp an einer Arganöl-Produktion. Dort saßen wir auf der Dachterrasse, bekamen Brot und dazu Dips: Honig, eine Paste, die ähnlich wie Erdnussbutter war und schließlich Arganöl, dass mich zumindest als Dip nicht überzeugte. Der dazu gereichte Pfefferminztee mit Zucker war dagegen einsame Spitze. Natürlich war auch klar, dass wir danach noch in den Shop unten gingen, um etwas zu kaufen. Ich lehnte dankend ab und weiter ging die Tour.
Vorbei an einer zunehmend steinigeren Gegend, einem riesigen Staudamm und kleinen Siedlungen fuhren wir schließlich auf eine Schotterpiste hinein in die Steinwüste. Der Ausblick auf die Berge war fantastisch und ich hätte am liebsten überall gehalten. Es ging jedoch weiter und von weiten sah man schon unzählige Quadtouren und Touristen auf Kamelen. Das Camp war riesig und anscheinend mündeten alle Touren, die die Agafay-Wüste betrafen hier. Wir stiegen aus und setzen uns in unserer Gruppe zusammen in ein Zelt. Es gab wieder einmal Tajine, dazu Suppe und natürlich Pfefferminztee. Ich unterhielt mich mit den Niederländern übers Reisen, die Franzosen dagegen erfüllten das Klischee, denn sie sprachen kein einziges Wort an Englisch.
Nach dem Essen konnten wir die Gegend frei erkunden und ich ging weit weg aus dem Camp heraus, da die Aussicht auf die Berge aus dem Camp nicht so gut war. Es fuhren immer wieder Quade an mir vorbei und ich merkte, dass ich das alles gar nicht wollte, sondern einfach nur Ruhe und eine schöne Aussicht auf die Berge. Die bekam ich und dazu einen der schönsten Sonnenuntergänge, die ich gesehen hatte. Die Sonne tauchte die Berge und Wolken in Pastellfarben und über mir hing ein dicker Streifen an Wolken, der in allen möglichen Farben erstrahlte.
Als es schließlich dunkel wurde, ging ich zurück zum Camp, denn dort sollte jetzt eine Show stattfinden. So sehr das unterhalten war, konnte ich ehrlich gesagt nichts damit anfangen und hätte lieber weiter die Aussicht genossen. Als die Show vorbei war, fuhr uns der Fahrer zurück in die Medina. Ich unterhielt mich während der Fahrt angeregt mit unserem Fahrer und den Niederländern. So erfuhr ich, dass es in Marokko sehr viele Radarkontrollen gab und wie viel es hier kostete, geblitzt zu werden. Den anschließenden Lauf durch die Medina in der Dunkelheit überstand ich mit einem Face-Time-Anruf und so war auch dieser Tag vorbei. Der wahrscheinlich beste Tag des Urlaubs.
Tag 4
Heute würde das eigentliche Abenteuer der Reise starten: mit dem Mietwagen durch Marokko. Den Mietwagen hatte ich extra am Flughafen gebucht, da ich keine Lust auf den Stadtverkehr hatte. Es ging also mit dem Taxi zum Flughafen, wo ich dann mein Auto für die nächsten Tage bekam: einen Dacia Sandero.
Ab auf die Straße. Zuerst mit ein wenig Angst verbunden, fühlte sich das Fahren in Marokko dann irgendwann wie selbsterklärend an. Zwar fahren die Marokkaner nicht in den Spuren aber dennoch achtet jeder auf den anderen. Die Kreuzungen waren fast alle durch einen Kreisverkehr getrennt, was sehr gut funktionierte und so ging es immer weiter aufs Land hinaus.
Die Landschaft wurde zunehmend bergiger und zog mich in ihren Bann. Das erste Ziel war Aït-Ben-Haddou. Um dorthin zu kommen, musste ich immer weiter die Berge hinauffahren und hatte die ganze Zeit einen erstklassigen Ausblick über die weiten Ebenen. Unterwegs traf ich noch an einem kleinen Parkplatz ein paar Straßenhunde, die sofort nach meinem Halt angelaufen kamen. Ein Welpe hatte es mir besonders angetan und ich hätte ihn am liebsten mit auf meine Reise genommen. Schließlich ging es wieder bergab und die Landschaft wechselte den Farbton wieder ins orangerot. Die ersten Polizeikontrollen, vor denen ich gewarnt war, kamen aber ich wurde nicht angehalten. Am Ziel angekommen, galt es mein Airbnb zu finden, die Location davon wurde jedoch falsch angezeigt, also irrte ich durch das Dorf, bis ich schließlich einen Einheimischen fragte, der mich zu meiner Unterkunft brachte. Von der Unterkunft hatte man einen fantastischen Ausblick über Aït-Ben-Haddou.
Da ich am morgen schnell weiter wollte, ging ich noch am Abend durch Aït-Ben-Haddou durch und hatte die Filmkulisse für Filme wie Gladiator fast für mich alleine. Die alte Stadt war faszinierend und oben angekommen hatte man einen Panoramablick über die Umgebung. Wie auch im ausgtrockneten Flussbett unten, pfiff der Wind einen um die Ohren. Während des Abstiegs unterhielt ich mich dann noch mit einem Berber, der meine Fotos sehen wollte und mich anschließend bat ein paar Fotos von ihm zu machen.
Zurück in meiner Unterkunft gab es Abendessen, ein französisches Pärchen lud mich und zwei andere Deutsche zu sich an den Tisch ein und so verbrachte wir das Abendessen mit angeregten Gesprächen über Marokko, Frankreich und Deutschland. Die beiden Franzosen kamen gerade aus Merzouga, meinem nächsten Ziel. Als ich ihnen erzählte, dass das mein nächstes Ziel sein sollte, fragten sie mich, ob es nicht sinnvoller wäre einen Zwischenstopp einzuplanen. Ich überlegte selbst ein wenig und kam zu dem Schluss, dass das wahrscheinlich besser wäre, da am nächsten Tag sowohl Dades-Tal als auch Todra-Schlucht auf mich warteten.
Tag 5
Der nächste Tag startete schon früh am morgen und ich ging abermals in das kleine Tal vor der Stadt Aït-Ben-Haddou, um ein paar Fotos zu machen. Zu meinem Erstaunen war schon eine Reisegruppe von Asiaten, bewaffnet mit Kameraequipment im Tal unterwegs. Also machte ich ein paar Fotos und nach einem anschließenden Frühstück mit den Deutschen vom Vortag machte ich mich auf den Weg zur Todra-Schlucht.
Mit Podcasts und guter Musik ging es unter praller Sonne die Straße entlang. Das Zwischenziel war das Dades-Tal, durch das sich eine Straße den Berg hochwand und an dessen Gipfel ein Café lag, wo ich einen Pfefferminztee trank. Danach ging es weiter in Richtung Sonne und am Nachmittag kam ich an meinem Airbnb an. Nachdem mich ein kleiner Junge mehr oder weniger in einen Parkplatz einweisen wollte, das aber nicht klappte und ich schließlich an der Straße parkte, führte er mich zu meinem Airbnb, welches versteckt in einer Gasse lag. Der Besitzer führte mich in mein Zimmer und direkt danach machte ich mich auf den Weg in das Tal.
Hohe rote Felswände zogen sich weit nach oben und boten einen beeindruckenden Ausblick. Im Tal waren die Touristen weg und die letzten Einheimischen klappten ihre Stände zusammen. Die Sonne ging schon unter, doch ich wollte noch auf den Berg steigen, der die beeindruckenden Felswände bildete, durch die ich ging. Die ersten Stufen des Weges waren noch gepflastert, doch schon nach wenigen Metern hörte der Weg gänzlich auf und ich richtete mich einzig nach meiner Komoot-Navigation. Auf dem Weg nach oben sprintete ein Hund an mir vorbei und ich fragte mich, was er denn dort oben wollen würde, denn außer mir, war der Pfad nach oben komplett verlassen. Nach etwa 1 1/2 Stunden war ich oben angekommen und die Sonne war untergegangen. Es lag jedoch erst ein Drittel des Weges hinter mir. Ich hätte also umkehren können oder dem Weg weiter folgen können. Ersteres wäre wohl die vernünftige Option gewesen, doch ich entschied mich für letzteres.
Es wurde zusehends immer dunkler und schon bald konnte ich nur noch erahnen, wo ich lang musste. Als ich dann jedoch über mir die Silhouette von mehreren Menschen sah und links von mir den aufgehenden Vollmond, fühlte ich mich erleichtert, da anscheinend noch andere Leute hier unterwegs waren und wohl den Mond fotografieren wollten, denn dieser sah zweifelsohne sehr beeindruckend aus. Einen weiteren Vorteil, den er mit sich brachte, war der Fakt, dass ich wieder die Hand vor meinen Augen sehen konnte.
Ich ging also weiter nach oben und auf einmal stand ich inmitten von Steinmauern, umgeben von Ziegen und ein Junge schaute mich mit großen Augen an. Die vermeintlichen Fotografen waren Nomaden, die oben auf dem Berg lebten. Der Junge fragte mich, ob ich einen Tee wollte und dort oben bei ihnen schlafen wollte, doch zum einen sah der Schlafplatz nicht viel besser aus, als ein Unterschlupf in einer Höhle und zum anderen wartete mein Essen im Airbnb auf mich, dass ich beim Besitzer für 21 Uhr beordert hatte. Er fragte mich außerdem, ob ich den Weg kennen würde und ich zeigte ihm daraufhin meine App und sagte, dass ich den schon finden werde. Mit einem sichtlich verwirrten Gesichtsausdruck verabschiedete er sich von mir und ich ging weiter. Schon bald wurde mir bewusst, dass ich keine Ahnung von einem Weg hatte, denn dieser existierte nicht. Ich irrte im Licht des Mondes über Felsen und als ich aus der Sicht des Nomadendorfs war, erwartete mich die nächste Überraschung. Aus dem Dunkeln kläffte mich ein Hund an und ich ging weiter nach unten, was mich dazu zwang, über noch größere Gesteinsbrocken zu klettern. Das ging etwa zwei Minuten so und ich betete mit einem Stein in der Hand, dass der Hund in seinem Versteck bleiben sollte. An diesem Zeitpunkt hatte ich die Hälfte des Weges geschafft. Die nächsten Meter ging es immer so weiter: Ich ging ein paar Meter, die für mich nach einem Weg aussahen, bis ich an einen Punkt ankam, an dem ich fast abstürzte, dann auf meine Komoot-App schaute, um zu sehen, dass der Weg ganz woanders war. Also ging ich zurück zum eigentlichen Weg. Dieser Prozess wiederholte sich mehrere Male, bis ich endlich die Lichter der Stadt sah, in der auch mein Airbnb war.
Als ich dann ankam, holte ich mir beim Kiosk gegenüber für einen kleinen Preis Getränke und aß anschließend zu Abend. Wie so oft gab es wieder Hähnchen-Tajine und wie so oft war es viel zu viel. Ein paar Engländerinnen, die auch im Hotel waren, boten mir an mit ihnen zu essen und zu schnacken, aber ich war viel zu fertig von diesem Trip und wollte nur meine Ruhe. Also aß ich zu Ende, duschte noch in meinem Zimmer und fiel ins Bett.
Tag 6
Das Frühstück war wie immer mit im Preis der Unterkunft einbegriffen und auch wie schon so oft sehr üppig. In Marokko besteht das Frühstück eigentlich immer aus etwas Brot mit Marmelade und Butter, dazu Kaffee oder Pfefferminztee und oft andere Backwaren wie Pfannkuchen oder Muffins. Außerdem gibt es oft einen kleinen Joghurt, Omelette und Mandarinen dazu. Gut gestärkt ging es weiter in den Süden, Richtung Sahara und algerischer Grenze.
Die Fahrt ging nach Merzouga eine kleine Stadt am Rande der Wüste. Ich hatte mir am Tag vorher ein Airbnb gebucht, die Bestätigung bekam ich jedoch bis zum morgen nicht, also hoffte ich, dass ich diese bis ich in Merzouga wäre, bekommen würde. Die Fahrt ging etwa drei Stunden und führte wie gehabt durch Polizeikontrollen und an Anhaltern vorbei.